Die Anfänge sind schon längst vorüber
Ende der 1970er und Anfang der 1980er erwachte Deutschland: es gab anhaltenden Protest gegen Atomkraft, den Nato-Doppelbeschluss und die Umweltverschmutzung. Man ging für Frauenrechte, für eine grüne Umwelt oder einfach nur für Frieden auf die Straße.
Und wenn sich dazwischen mal Leute mit rechtem Gedankengut äußerten, so hieß es immer „Wehret den Anfängen!“
Diese Zeiten sind vorbei.
Am 25. März wurde eine weitere Studie veröffentlicht („Rechtsextremismus in der Mitte“), die die weite Verbreitung fremdenfeindlicher und rechtsextremer Einstellungen in Deutschland aufzeigt.
Es ist die zwölfte innerhalb der letzten 5 Jahre.
Zwölf Studien, die alle das gleiche belegen: In der Hälfte der deutschen Bevölkerung ist mittlerweile Ausländerfeindlichkeit und rechtes Gedankengut zu finden.
Nur ein Beispiel: Der Aussage “ Deutschland ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“ stimmen
14,5 Prozent ganz
22,7 Prozent überwiegend und
27,7 Prozent teilweise zu.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass 64,9 Prozent der Deutschen eine „ausländerfeindliche Haltung“ haben.
Geht jetzt ein Aufschrei durch die Republik? Mitnichten. Auch diese Studie wird – wie die davor – nach einem Tag wieder aus den Medien verschwinden. Keine „Anne Will“, kein „Jauch“, keine „Maybrit Illner“ greift das Thema auf und auch Magazine wie „Frontal21“ oder „Spiegel TV“ schweigen es lieber tot.
Stattdessen zeigen Boulevardmagazine lieber wie strenge Eltern in armseligen Hütten in Papua-Neuguinea oder Zimbabwe hausen, wie sich Müllberge in einem Viertel von Rio de Janeiro türmen und wie man in Polen Pferdefleisch verkauft.
Fremdenfeindlichkeit entsteht nicht aus dem Nichts. Fremdenfeindlichkeit wird auf offene und auf subtile Weise immer wieder entfacht und gefestigt.
Den Anfängen wurde nicht gewehrt. Nun ist ein Flächenbrand daraus geworden. Ein Flächenbrand, der kaum wahrgenommen, geschweige denn bekämpft wird. Das Totschweigen wirkt wie Brandbeschleuniger, denn wenn kein Widerspruch kommt, wagen es immer mehr Menschen, ihre Gedanken auch auszusprechen. Und leider nicht nur das; sie wagen es auch vermehrt zu handeln. Dieses Handeln äußert sich nicht immer in körperlicher Gewalt, es äußert sich auch in Diskriminierungen, Beleidigungen und Ausgrenzungen. Und auch das wird wiederum ignoriert und geleugnet. Ein Teufelskreis, der sich immer weiter verengt und Deutschland zuschnürt.
Es wäre nun an der Zeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen: Dem Thema die Aufmerksamkeit zu geben, die es nötig hat. Die Verbreitung der Fremdenfeindlichkeit einzugestehen und darüber zu sprechen. Die Betroffenen anzuhören.