Im Ramadan wird mehr eingekauft
13.08.2011 | 15:15 | Duygu Özkan
Türkische Lebensmittelhändler haben im Fastenmonat mehr zu tun.
Es herrscht reges Treiben im Etsan-Supermarkt in Wien-Favoriten. Kundin Müzeyyen Erdost bestellt Faschiertes für das große Abendessen. Es wird Köfte geben, türkische Fleischlaibchen. Nach Sonnenuntergang, wenn der Fastentag zu Ende geht, sitzt ihre ganze Familie beisammen und eröffnet den „Iftar“, das Fastenbrechen, mit dem Abendgebet. „Ich bereite viele verschiedene Speisen vor. Der Tisch ist abends reich gedeckt“, erzählt sie.
Ein Hinweis über der Feinkosttheke informiert die Kunden, dass das Fleisch aus eigener Herstellung stammt. Das ist besonders für die islamische Kundschaft von Bedeutung, denn das Fleisch hier ist „halal“. Wie die Juden haben auch die Moslems ihre Speisegesetze, die den jüdischen gar nicht unähnlich sind. Schweinefleisch ist tabu, zudem müssen die Tiere unter Aufsicht geschächtet werden, da auch der Verzehr von Blut als „harram“ gilt, als „verboten“. „Halal“ hingegen bedeutet „erlaubt“ und gibt den Rahmen für das Leben eines gläubigen Moslems vor, unter anderem auch die Speiseregelungen. Alkohol wird hier ausdrücklich untersagt, weshalb Etsan auch nichts Hochprozentiges zum Kauf anbietet.
Extraportion Sesam
Bäcker Mikail Aksoy ist bereits seit fünf Uhr morgens in der Filiale. Er hat Pide, das türkische Fladenbrot, und Simit gebacken – einen Brotring mit Sesamstreu. „Das Ramadan-Brot soll besonders schmackhaft und weich sein“, sagt er, „ich bestreue es auch mit einer Extraportion Sesam.“
„Natürlich haben wir viele türkische und arabische Kunden. Aber auch Österreicher kaufen bei uns Produkte ein, die es in anderen Supermärkten nicht gibt“, sagt Filialleiter Ahmet Sahin. Obwohl österreichische Ketten mittlerweile auch Produkte aus der Türkei und vom Balkan anbieten, ist die Palette in einem Ethnosupermarkt eindeutig vielfältiger. „Wir führen auch Produkte aus Russland“, so Sahin, „weil viele Tschetschenen bei uns einkaufen.“
Kundin Müzeyyen Erdost hat mittlerweile ihren Einkaufswagen gefüllt, aber es fehlt noch die Nachspeise. „Kadayif“ soll es heute sein, in Form gerollte, dünne Teigfäden im Zuckersud. Kassiererin Selma Nur lächelt: „Die Nachspeise darf im Ramadan natürlich nicht fehlen.“
(DUYGU ÖZKAN, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 02.09.2009)