Theaterformation aus Wien tourt durch Lateinamerika
Die vierköpfige Theaterformation „artig“ aus Wien tourt seit 14. Februar mit ihrem aktuellen Programm „artige Geschichten – artig cuenta cuentos“ durch Honduras, El Salvador und Guatemala. Zum Abschluss ihrer Tour sind sie noch bis 18. März in Mexiko unterwegs. Mit einer fulminanten, deutsch-spanischen Impro-Show machte das quirlige Quartett vergangenen Freitag Abend im Goethe Institut in Mexiko-Stadt Station.
Mexico City – „Impro-Theater ist wie ein Werkzeugkoffer. Je nach Situation wird ein anderes Werkzeug hervorgekramt, mit dem Ventile im Kopf gelöst werden, sodass die Kreativität zum Fließen kommt“, so Ensemblemitglied Lino Kleingarn über seine ganz persönliche Definition dieses Theaterformats. Und er muss es wissen. Schließlich meisterte er – als einziger Spanisch-Anfänger der Gruppe – den von der ersten bis zur letzten Szene zweisprachigen Abend auf beeindruckende Art und Weise.
Die Vier aus Wien, von denen eigentlich drei ursprünglich aus Deutschland kommen, boten ein sehr abwechslungsreiches Programm: von der verärgerten Deutschen, die vom Schuhputzer angemacht wird über einen jodelnden Selbstmörder am Eiffelturm bis zu einer Krebspatientin, die die Ärzte satt hat und selbst ein Krebsheilmittel entwickelt spannte sich der bunte Bogen an Geschichten, die im selben Moment auf der Bühne entstanden. Inspiriert von Zurufen und Filmzitaten aus dem Publikum griffen die SchauspielerInnen tief in ihren Impro-Methodenkoffer und schafften es, mit unglaublich viel Elan und Spontanität den übervollen Saal im Goethe-Institut blendend zu unterhalten.
„Alles, was wir haben, wenn wir auf die Bühne gehen, ist das Vertrauen in unsere Phantasie und das unserer MitspielerInnen“ heißt es auf der Homepage der Wiener Gruppe. Impro-Theater erfordere nahezu perfekte Kommunikation und Teamwork sowie ein hohes Maß an Spontanität, so Ensemblemitglied Anne-Maria Kuhfuß. Ihre Kollegin Magdalena Haftner spricht von einer für diese Form des Theatermachens erforderliche „Mentalität des Ja“: Der für diese Form des Theaters so typische Geist der Kooperation sei es, was der Theater- und Kunstszene leider oft fehle, so die Theaterpädagogin aus Niederösterreich.
„Was uns hier in Mexiko und Zentralamerika am meisten beeindruckt, ist die überaus lebendige Improtheater-Szene“, erzählt Anne-Maria, die drei Monate in Mexiko gelebt hat. Mit der mexikanischen Impro-Gruppe ComplotEscena hatte artig am 5. März einen gemeinsamen Auftritt, der wunderbar gelang, obwohl sich die SchauspielerInnen eben erst kennengelernt hatten.
Ensemblemitglied Alexander Riedmüller, der in einer erlesenen Mischung aus deutschem Deutsch und argentinischem Spanisch durch den Abend führte, fand an dieser Aufführung im Goethe-Institut besonders, dass auch ernste Themen Platz hatten. Oft werde nämlich fälschlich angenommen, dass beim Impro-Theater ein Gag nach dem anderen produziert werde, so der Schauspieler.
Außer ihren Shows widmet sich die Gruppe auch der Spracharbeit. In Impro-Workshops für Deutschlernende und -lehrende steht der angstfreie und ungehemmte Gebrauch der deutschen Sprache und wie dieser gefördert werden kann im Mittelpunkt. Wer nun auf den Geschmack gekommen ist: auch in Österreich bietet artig Impro-Workshops für Schulklassen und Jugendgruppen an, bei denen grundlegende schauspielerische Improvisationstechniken und das spontane Erzählen von Geschichten erlernt werden.