Überprüfung der Schubhaft wurde „nicht goutiert“

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27.01.2010 | 18:15 | Duygu Özkan und Nasila Berangy

Die Caritas Eisenstadt hat ihren Auftrag der Schubhaftüberprüfung verloren, betreut die Asylwerber aber weiter.

Für Asylwerber kann hier der letzte Stopp in Österreich sein. Allerdings wird nicht hier, im Polizeianhaltezentrum (PAZ) in Eisenstadt, über ihren Aufenthaltsstatus entschieden, das Verfahren ist bereits vorher geklärt. Bis zu sechs Monate können Asylwerber in Schubhaft genommen werden, während die Behörde untersucht, ob eine Abschiebung zulässig ist.

Ob hingegen die Schubhaft gerechtfertigt ist, das hat lange Zeit die Caritas Eisenstadt überprüft – bis ihr das Innenministerium vergangenen Juni den Auftrag entzogen hat. Die Schubhaft ist dann ungerechtfertigt, wenn der Asylwerber physisch oder psychisch haftunfähig oder minderjährig ist. Ein weiterer Grund ist, wenn eine Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens nicht notwendig ist.

Caritas-Juristen legten gegebenenfalls Beschwerde ein – oft mit Erfolg. Von Jänner bis Juni 2009 gab es zehn Schubhaftbeschwerden allein in Eisenstadt. Vier Schubhäftlinge mussten freigelassen werden. „Das wurde von der Fremdenpolizei nicht goutiert“, so Wolfgang Zöttl, Leiter der Flüchtlingshilfe der Caritas Eisenstadt.

Interessen des Ministeriums

Auch ohne offiziellen Antrag vom Ministerium betreut die Caritas im Anhaltezentrum in der Gölbeszeile weiter Schubhäftlinge. „Wir sehen das als unseren Urauftrag“, sagt Zöttl. Einfach ist es nicht, denn um Zugang zu Häftlingen zu bekommen, muss man ihre Namen wissen. Die werden der Caritas ohne offiziellen Auftrag aber nicht mehr bekannt gegeben. Die Betreuung von Schubhäftlingen hat schließlich der Verein für Menschenrechte übernommen. Das ist nicht ganz ohne Kritik geblieben: Menschenrechtsorganisationen werfen dem Verein vor, nicht die Interessen der Schubhäftlinge, sondern die des Innenministeriums zu vertreten.

Die Gölbeszeile ist eine von vielen beschaulichen Straßen in Eisenstadt. Man muss schon zweimal hinschauen, um zwischen den Einfamilienhäusern das Anhaltezentrum zu entdecken. Denn erst auf den zweiten Blick entpuppt sich das unauffällige Gebäude als Gefängnis: Im Aufenthaltsraum stehen zwei Sofas, viele Pflanzen und ein Kaffeeautomat. Lediglich die schweren Eisengitter erinnern an die Funktion des Hauses. „Wir wollten keinen typischen Häfencharakter“, sagt Kommandant Erich Mauser, „geht es den Häftlingen gut, geht es uns gut.“

Das sei hier natürlich einfacher zu organisieren, weil das Anhaltezentrum nicht so groß sei. Das Leben und die Arbeit im PAZ laufe daher ohne größere Zwischenfälle ab; die Atmosphäre sei persönlicher. „Ab und zu schaue ich zum Trafikanten oder zum Supermarkt gegenüber und bringe den Häftlingen Tabak oder Obst mit“, sagt Mauser. Wie man am besten mit unterschiedlichen Kulturen umgeht, hat Mauser in interkulturellen Seminaren gelernt.

Bemühte Beamte

Dass die Beamten bemüht sind, bestätigt auch Zöttl von der Caritas. Dass dennoch Betreuung notwendig ist, zeigen die Zahlen: Bei einer Kapazität von 48Plätzen waren im Vorjahr 202Schubhäftlinge durchschnittlich 17,38Tage im Anhaltezentrum inhaftiert. Die Haft wolle man hier so kurz wie möglich halten, da es ja Freiheitsentzug sei. Und dennoch, meint Mauser, dass „die Arbeit nicht jedermanns Sache ist“. Denn Erfolge seien hier partout keine zu erkennen – zumindest im Gegensatz zu einem Streifenpolizisten, wenn der einen Bankräuber fasst.

(NASILA BERANGY UND DUYGU ÖZKAN, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 27.01.2010)


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